Rede von Christina Schwarz:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hesky, sehr geehrte Frau Dürr, sehr geehrte Frau Priebe, liebe KollegInnen des Gemeinderates, sehr geehrte Damen und Herren,
In diesem Jahr haben uns die unterschiedlichen Informationen über die Haushaltssituation ein Wechselbad der Gefühle beschert. Im Sommer waren wir noch glücklich über Ihre Aussage Herr Oberbürgermeister, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt erwarten werden, und dass keine Gebührenerhöhungen anstehen würden. Die Mitteilung über die tatsächliche kritische Situation und das Schreiben vom Regierungspräsidium kam deshalb über uns wie eine super eiskalte Dusche! Nun hat sich die Haushaltslage doch wieder etwas entspannt, trotzdem sind wir dabei zu streichen und zu schieben, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu bekommen.
Ganz urplötzlich steht die Diskussion über Steuererhöhungen und / oder Gebührenerhöhungen an, ohne dass eine Diskussion über die verschiedenen Optionen möglich ist. Grundsätzlich ist die Alternative Liste gegen jegliche Erhöhung der Kindergartengebühren. Ganz im Gegenteil fordern wir seit vielen Jahren deren komplette Abschaffung. Steuern und Gebühren zu erhöhen macht nur Sinn wenn, wie vom Regierungspräsidium gefordert, auch bereits beschlossene, jedoch noch nicht angefangene Maßnahmen erneut auf den Prüfstand kommen. Stellen wir fest, dass eine Maßnahme unabdingbar notwendig ist, muss auch die Folgefinanzierung gesichert sein.
Die Umlage für die Geschäftsstelle der Interkommunalen Gartenschau wird in den nächsten 3 Jahren allein für die Stadt Waiblingen beinahe eine Million Euro sein. Hier drängen wird unbedingt auf Einsparungen und haben dazu auch einen eigenen Haushaltsantrag eingebracht. Von Anfang an hat die Alternative Liste eine Deckelung der Ausgaben für die Maßnahmen der Gartenschau in Waiblingen auf maximal 2 Millionen gefordert. Viele Bürgerinnen und Bürger Waiblingens sind mit den Projekten der Gartenschau sehr unzufrieden und sehen auch keinen Benefit im Sinne der Nachhaltigkeit. So beantragen wir die 3 umstrittenen Projekte wie Kunstlichtung, Remskuben und Kanuroute nicht zu verwirklichen.
Wir werden unter anderem Haushaltsanträge stellen, die sich mit Reduzierungen befassen, in Bereichen die wir in „guten Jahren“ mitgetragen haben, die wir jetzt aber in dieser kritischen Haushaltslage als Luxus sehen und die damit zwangsläufig auf den Prüfstand kommen müssen. So schlagen wir vor im Budget der Galerie Stihl einhundert Tausend Euro einzusparen, das würde eine Ausstellung weniger im Jahr bedeuten. Auch beim Tourismusmarketing beantragen wir einhundert Tausend Euro jährlich einzusparen, dies könnte sich mit der Reduzierung der ausufernden städtischen Events realisieren lassen.
Wir freuen uns, dass aufgrund der Einsparungen, die die Verwaltung vorsieht, das Baukindergeld ausgesetzt wird. Wir hatten das Baukindergeld immer abgelehnt. Gerne hätten wir dieses Geld in andere für uns wichtige Maßnahmen für Familien investiert. Argumentiert wurde von der Verwaltung wie auch von verschiedenen anderen Fraktionen mit der Bedeutung des Baukindergeldes für die familienfreundliche Stadt Waiblingen. Jena in Thüringen erhebt auch den Anspruch der Familienfreundlichkeit, allerdings mit einer anderen Maßnahme. Jena ist die Stadt mit den meisten Vätern, die Elternzeit genommen haben. In Jena wird es Männern offensichtlich leichter gemacht, Vätermonate inklusive Elterngeld in Anspruch zu nehmen. Sie müssen nicht befürchten, durch ihre familiär bedingte Auszeit im Job degradiert oder belächelt zu werden. Dies geht in Jena leichter unter anderem durch das „Bündnis für Familie“, einem lokalen Zusammenschluss von Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen, und Behörden, die Familienfreundlichkeit ernst nehmen, und so ein Beispiel dafür sind, dass etwas so Schwieriges wie gelebte Familiengerechtigkeit machbar ist, sobald sie politisch konsequent umgesetzt wird.
In Waiblingen gibt es eine gelebte Kultur der Vielfalt. Wir haben gute Kontakte zu unseren Partnerstädten, und wenn wir auch die politische Ausrichtung in Ungarn sehr kritisch sehen, ist es wichtig den Kontakt zu den Menschen in Baja nicht zu verlieren. Gerade hier ist es weiterhin notwendig mit den Menschen im Gespräch zu bleiben.
Wenn wir auch unglücklich sind, über einige der Unterbringungsformen für Flüchtlinge in Waiblingen, so freuen wir uns über das gute Klima und das enorme Engagement das ehrenamtliche HelferInnen leisten. Nur so, nur mit der intensiven und individuellen Unterstützung durch sie, können die Flüchtlinge ein Gefühl des Willkommenseins entwickeln und haben eine Chance sich in Waiblingen einzuleben. Als ganz großartig ist hier auch das Engagement des Kulturhauses Schwanen zu sehen, das mit verschiedenen Projekten Menschen verschiedener Kulturen zusammenbringt. Integration in Waiblingen - beim Internationalen Fest in diesem Jahr auf der Brühlwiese konnten wir dies gemeinsam erleben, und welch herrlicher Anblick wenn die Herren Giordano und Fierro vom Italienischen Fußballverein AC Beinstein Rote Würste grillen.
Im Gemeinderat sind wir weitestgehend unter uns Deutschen geblieben, außer in einer Wahlperiode, als wir in der ALi-Fraktion einen griechischen Gemeinderat hatten, der einzige Nichtdeutsche bisher, und dies ist bereits 12 Jahre her. Wenn wir uns hier im Ratssaal umsehen, sehen wir nicht nur keine EU-Bürgerinnen und - bürger sondern auch nur wenige junge Gemeinderätinnen oder Gemeinderäte, auch wenn ich mich selbst als noch jung empfinde. Aktuell erstellt das Sinus-Institut eine Studie über die Gefühls- und Gedankenwelten junger Menschen zwischen 18 und 34 Jahren. Im Zwischenbericht wurden folgende Ergebnisse veröffentlicht: Die Jugend ist in hohem Maß bereit, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren. Allerdings geben 71 Prozent an, sie hätten kein Vertrauen in die Politik. Aber trotzdem kann die Mehrheit dieser Generation für sich ein eigenes politisches Engagement vorstellen. Hoffen wir für uns, dass, nachdem es gelungen ist, den Frauenanteil zu erhöhen, es auch gelingen wird, dass mehr junge Menschen in den Gemeinderat gewählt werden. Vielleicht schon bei der nächsten Wahl?
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich nun das Thema bezahlbarer Wohnraum in Waiblingen ansprechen. Die Region Stuttgart hat eine enorme Sogwirkung aufgrund von Arbeit. Daher steigen die Mieten und Immobilienpreise auch in Waiblingen sehr stark an. Es gibt eine Hierarchie der Probleme bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum: Geringqualifizierte, Arbeitslose, MigrantInnen und Arme finden kaum noch eine Wohnung. Dass in den neuen Bundesländern ca. 2 Millionen Wohnungen leer stehen, ist für die hiesige Wohnungsnot keine Lösung. Sozialgebundene Wohnungen werden dringend benötigt. Deshalb müssen wir in Waiblingen schnell handeln und tun dies auch. Der Flächensuchlauf hat ja bereits einige Wohnbauflächen identifiziert, die schnell für die Bebauung zur Verfügung stehen. Wir stellen zu diesem Haushalt den Antrag für die Jahre 2017 und 2018 jeweils 2,5 Millionen Euro für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Im Pommernweg hat die Stadt ja bereits 24 Wohnungen gebaut, die in diesem Jahr bezogen werden konnten. Ein zukunftsweisendes Modell, eigen verfügbaren Wohnraum auf Dauer zu bauen.
Ökologie und Umweltschutz sind für uns wesentliche Grundlagen bei allen Überlegungen und Entscheidungen. Mit großem Bedauern sehen wir, dass es mit der Windkraft auf der Buocher Höhe nicht vorangeht, ein Ausbau regenerativer Energien ist für unsere Zukunft aber dringend notwendig.
Längst totgesagt ist der Nordostring plötzlich wieder im Bundesverkehrswegeplan aufgetaucht, allerdings nur mit der Einstufung „im weiteren Bedarf“ und deshalb dürfen wir hoffen, dass dieses Projekt, das negative Auswirkungen wie Lärm, Feinstaub und den Verlust wertvoller Böden, mit sich bringt, nie gebaut werden wird. Diese Planung ist im Sinne einer ökologischen und nachhaltigen Verkehrsentwicklung in höchstem Maße schädlich. Allein der zusätzliche jährliche CO2-Ausstoß durch den vom Nordostring erzeugten Mehrverkehr würde nach dem offiziellen Projektdossier über 5600 Tonnen je Jahr betragen. Der Nordostring wurde in der Vergangenheit aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen genau wegen dieser hohen ökologischen Risiken. Nach Regierungspräsident Wolfgang Reimer ist der Nordostring ein Projekt, welches nicht mehr in die Zeit hineinpasst und auch auf absehbare Zeit nicht mehr machbar sei. Die Planung wird vom Verkehrsminister Hermann ebenfalls abgelehnt.
Um den Verkehr von der Straße zu bekommen, müssen alternative Verbindungen geprüft werden. Visionen von Stadtbahnverbindungen von Ludwigsburg nach Waiblingen und von Fellbach über Rommelshausen nach Waiblingen scheinen zunächst utopisch, müssen aber ernsthaft geprüft werden.
Auch die Busverbindungen, die vielerorts nur während der Hauptverkehrszeiten sehr attraktiv sind, sollten deutlich verbessert werden. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass ein Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr in großem Maße gelingen kann, wenn die Verbindungen gut ausgebaut sind.
Für den Radverkehr muss in Waiblingen mehr getan werden. Das Land Baden-Württemberg hat im Februar diesen Jahres eine Radstrategie verabschiedet. Aus Sicht des Verkehrsministers gehören der Rad- und Fußverkehr als zentrale Säulen zu einem modernen Verkehrssystem. Denn je mehr Fahrräder Autos ersetzen, desto besser funktioniert Mobilität. Es gibt weniger Staus und dadurch weniger Lärm und Feinstaub. Die Stadt Waiblingen sollte sich auch dem Ziel des Landes anschließen, mehr Menschen auf den Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen. Unser ambitioniertes Ziel: Der Radverkehr soll auf 20 Prozent wachsen.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für ihr Engagement und für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!