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Westumfahrung

Stauferkurier Ausgabe Januar 2002, Beitrag von Dr. Hanne Schnabel-Henke:

Daß die Wahrheit immer zwei Seiten hat, haben Sie, lieber Herr Oberbürgermeister, uns recht humorvoll in Ihrer Ansprache beim jüngsten Bürgertreff vermitteln können. Ihre Anekdote fordert mich geradezu heraus, zu einer ebenfalls dort von Ihnen geäußerten Behauptung eine andere Sichtweise gegenüberzustellen. Sie sagten, wer gegen die Westumfahrung sei und dabei selbst Auto fahre, verhalte sich widersprüchlich und sei unglaubwürdig.

Ich bin Gegenerin der Westumfahrung, und ich nutze unseren Familien-PKW – aber ich verdamme mich (und andere, bei denen diese Konstellation gleichermaßen zutrifft) dennoch nicht für unglaubwürdig.

Warum?

Zum einen: Ich bin der Überzeugung, daß mit der Westumfahrung die Verkehrsprobleme in Waiblingen und in der Region nicht auf lange Sicht gelöst werden. Das Verkehrsaufkommen steigt stetig, aber vielleicht gerade deshalb, weil die Distanzen bzw. die Zeit, die wir zum Zurücklegen brauchen, durch bessere Straßenverbindungen immer kürzer werden. Es gibt Untersuchungen über die Fahrzeit, die in Kauf genommen wird, um bestimmte Ziele zu erreichen. Wenn die Fahrzeit sinkt, dann können doch noch mehr Ziele, weil schneller, erreicht werden. Diesem Mechanismus will ich mit meinem Mandat, Rahmenbedingungen im kommunalen Leben mitzugestalten, nicht Vorschub leisten!

Zum anderen: Bei aller Achtung für diejenigen, die bewußt auf ein eigenes Auto und damit auf Bequemlichkeit verzichten, halte ich meinen Beitrag zum motorisierten Individualverkehr für einen Kompromiß zwischen zwei extremen Haltungen: einem ökologischen Rigorismus einerseits, der strenge PKW-Enthaltsamkeit bei sich und anderen einfordert, und andererseits einer Lebenshaltung, die dem Mobilitätsbedürfnis unreflektiert nachzugeben bereit ist.

Die Wahrheit liegt in der Mitte. War es nicht auch das, was Sie uns, lieber Herr Oberbürgermeister, mit auf den Weg geben wollten?

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